Katalanische Bevölkerung wehrt sich gegen polizeiliche Durchsuchungen und Verhaftungen
Von Mela Theurer, Barcelona
Ein Aktivist bietet Spezialeinheiten während einer Räumung in Barcelona eine Blume an (21.9.2017)
Foto: Jon Nazca/Reuters
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Drei der Festgenommenen wurden am selben Tag noch dem Richter überstellt und nach der Anhörung freigelassen. Die anderen verbrachten die Nacht in Kasernen der Guardia Civil, wobei den Angehörigen jedoch jegliche Informationen über den genauen Aufenthaltsort verweigert wurde. Bei den Verhafteten handelt es sich um Funktionäre verschiedener Einrichtungen der katalanischen Regierung sowie einige Informatiker und den Inhaber einer Lagerhalle in der Nähe Barcelonas. Die Polizeieinheit hatte dort zehn Millionen Wahlzettel beschlagnahmt. Deren Abtransport wurde jedoch durch eine mehrere Stunden dauernde Sitzblockade verhindert. In Madrid wurde eine Angestellte von T-Systems verhaftet, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom, und nach Barcelona überstellt. Der Informatikbetrieb hatte bereits bei dem nichtbindenden Referendum vom 9. November 2014 die technische Infrastruktur gestellt.
Unmittelbar nach Bekanntwerden der Polizeirepression kam es auf den Straßen Barcelonas zu Protesten. Gewerkschafter der Comissiones Obreras, deren Sitz gegenüber vom Ministerium für auswärtige Angelegenheiten liegt, fanden sich zu einer spontanen Demonstration zusammen. Zentrum der Mobilisierung war jedoch das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen, wo die Guardia Civil am Mittwoch gegen acht Uhr morgens eingedrungen war. Bereits kurze Zeit später wurden dort die Hauptverkehrsadern von Demonstrierenden blockiert. Im Laufe des Tages versammelten sich um die 40.000 Personen in festlicher Stimmung. »Wir werden wählen«, »Wir haben keine Angst« und »Die Straße gehört uns« waren die meistskandierten Parolen an diesem Mittwoch. Um 20 Uhr wurde eine Kundgebung mit Redebeiträgen des Präsidenten der katalanischen Nationalversammlung (ANC) Jordi Sànchez und des Chefs der Non-profit-Organisation Òmnium Cultural, Jordi Cuixart, abgehalten. Beide verurteilten die repressiven Maßnahmen und riefen zu friedlichem Protest auf. In anderen Städten kam es zu ähnlichen Versammlungen. In Tarragona und Girona demonstrierten Zehntausende; und auch in Madrid füllte sich der zentrale Platz Puerta del Sol mit Referendumsbefürwortern. Direkt gegenüber: eine nationalistische Kundgebung, zu der die faschistische Falange aufgerufen hatte.
In Barcelona war auch der Sitz des antikapitalistischen Parteizusammenschlusses CUP von Polizeirepression betroffen. Dort hatten vermummte Zivilbeamte vergeblich versucht einzudringen, bewaffnete Polizisten umstellten über mehrere Stunden hinweg zweireihig die Straßen um das Gebäude. Tausende von Unterstützern blockierten jedoch den Zugang zum Parteisitz, und die Beamten, die über keinen richterlichen Beschluss verfügten, mussten schließlich abziehen.
Der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont hatte nach einer Dringlichkeitssitzung am Mittwoch erklärt: »Wir verurteilen und lehnen die totalitäre und antidemokratische Haltung des spanischen Staates ab.« Unterstützt wurde er vom linken Bündnis Catalunya en Comú (CeC), welches die Polizeiaktion scharf verurteilte und wie Puigdemont von einer De-facto-Suspendierung der Autonomie sprach. Im Gegensatz zu den katalanischen Sozialdemokraten, die sich gegen das Referendum stellen, forderte CeC zur Teilnahme an den Protesten auf. Die sozialdemokratische Regierungschefin Andalusiens, Susana Díaz (PSOE), stellte sich hinter die Zentralregierung und forderte sogar die Anwendung des Artikels 155, welcher die Aufhebung des Autonomiestatuts vorsieht. Podemos-Parteichef Pablo Iglesias verurteilte die Regierung in aller Schärfe: Ministerpräsident Mariano Rajoy sei »der Situation nicht gewachsen. Was zählt, ist der Dialog zur Lösung des Konflikts.«
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